Le poumon oxygène

für Frauenstimme und Elektronik (2000)

Dauer: ca. 6 min
Uraufführung: Berlin, 18.8.2000

GEMA-Nr.: 5562601

Medien


Das phonetische Material dieses Stücks stammt aus Raymond Queneaus "Petite cosmogonie portative" (1950, dt. "Kleine Taschenkosmogonie"), einer virtuosen stilistischen Montage aus Hymnus, Alltagssprache und naturwissenschaftlicher Beschreibung, durch die das antike Genre des Weltentstehungsmythos neu belebt wird. Der kurze Abschnitt über die Gase ist eine onomatopoetische Fundgrube: "Les nuages se gonflaient chacun à sa façon"…schon beim bloßen Sprechen hört man hier eine Musik aus Zischlauten, die sich in dieser Komposition verselbständigt, nicht zuletzt durch die live-elektronischen Transformationen. Auch feinste Farbchangierungen und -permutationen sind bereits im Text angelegt ("le chlore coloré colérait l’hydrogène").

Der Geschichte der Menschheit widmet Queneau gerade einmal zwei Zeilen seiner Kosmogonie und degradiert den Homo sapiens so zur evolutionären Randerscheinung. Gleichzeitig durchdringt die menschliche Perspektive aber jeden Moment, und auch im hier zugrundeliegenden Abschnitt über die Gase steht am Ende der Verweis auf "die Lunge Sauerstoff":

Les nuages se gonflaient chacun à sa façon
l’un était plein d’azote et l’autre de solon
un troisième intrépide avait choisi l’argon
de petits cumuli s’éclairaient au néon
de modestes kryptons voyaient trentt six chandelles
et le xénon n’avait que peu d’identité
le chlore coloré colérait l’hydrogène
tandis que le fluor en esprit virulent
attendait feux et flamme et de faire des spaths
et le mi-tout c’était le poumon oxygène